Eva Strunz sieht sich als Botschafterin für kleine mallorquinische Weingüter
„Nur gucken geht nicht, ihr müsst schon reinkommen und kosten!“ Evas Stimme schafft es im Gewühl des Markttages sogar, den Lärm der Passanten und die ewiggleichen Lieder der Straßenmusiker zu übertönen. Das ältere Pärchen, das sich unentschlossen vor ihrem kleinen Weinladen herumdrückt, wird ohne Umstände geduzt und tritt jetzt auch neugierig ein.
Um den Stehtisch herum haben sich schon vier Leute auf ein Probeschlückchen versammelt. Sie rücken zusammen, machen Platz und frozzeln mit Eva, als würden sie einander schon jahrelang kennen. Dabei haben auch sie gerade mal vor einer halben Stunde die „La Bodega de la Rubia“ zum ersten Mal betreten. Die Mini-Bodega von Eva Strunz in Sineu ist mittlerweile schon eine Institution. Wer mittwochs den wohl größten Wochenmarkt der Insel besucht, hat hier sicher schon mal kurz – oder ausführlicher – Einkehr gehalten. Die Auswahl ist gar nicht riesig, dafür aber handverlesen. In den Regalen stehen Flaschen der Weingüter 7103 Petit Celler, Galmés i Ferrer, Son Sureda Ric, Sebastià Pastor und Son Bordils. „Ich suche mir die Winzer genau aus, die ich vertreten will. Das hier sind alles Familienbetriebe, Leute die alte Traditionen fortführen und die gute Weine zu einem vernünftigen Preis anbieten.“
Eva Strunz, die schlagfertige Bayerin, hat ein Händchen und das Mundwerk dafür, unterschiedliche Leute zu einer fröhlichen Runde zusammen zu bringen. „Lieber einen Freund verloren als auf einen guten Spruch verzichtet. Das hat schon mein Vater immer gesagt.“ Und Sprüche fliegen hin und her zwischen ihr und ihren Gästen, während sie mallorquinische Weine auf die Gläser verteilt. „Das Gespräch mit den Kunden ist ja nicht nur dazu da, die Stimmung zu lockern. So kann ich auch besser heraushören, welcher Wein zu wem passt. Geschmack hat ja mit Psychologie zu tun, mit Tagesform, Umgebung und Situation.“
Im Gegenzug wirft sich Eva aber auch mit all ihrer Energie in die Geschäftsbeziehung. Ihr Beitrag besteht nicht nur darin, den Flaschen ein Plätzchen in ihren Regalen anzubieten. Sie hilft auch im Weinfeld, ist bei der Lese mit dabei und führt ihre Kunden zur Weinverkostung in die Natur, mitten zwischen die Rebstöcke. Eva dort zu erleben, ist ein Event. Sie erzählt unterhaltsam den Weg der Traube vom Rebstock bis ins Glas, erklärt wie Weißwein aus roten Beeren hergestellt wird, enthüllt dass sie „Rechtsriecherin“ ist und gießt ausgelassenen Gästen noch ein wenig „Talentwasser“ nach.
Dieser Drang, draußen sein zu wollen, begleitet Eva seit ihrer Kindheit. Aufgewachsen ist sie in der tiefsten Provinz, in Röthenbachbei St. Wolfgang/Nürnberg. „Wir haben jeden Tag im Maisfeld gespielt“, erinnert sie sich. Auch heute noch zieht es sie ins Freie. Evas Tage beginnen mit einer ganz besonderen Routine: Um neun Uhr, wenn ihre Tochter Zoe in der Schule ist, fährt sie zum Pferdehof Equitació S’espiga in Costixund hilft der Besitzerin Lourdes. Vom Ausmisten bis zum Reparieren packt sie überall mit an. Ehrenamtlich, bei jedem Wetter. „Lourdes nimmt kranke und gequälte Tiere auf, sie bietet therapeutisches Reiten an und hilft so vielen Menschen. Das gehört sich doch einfach, dass man sie unterstützt.“ Ihr Engagement für die mallorquinischen Weine ist ebenso tief verwurzelt in ihrer Naturverbundenheit wie die Liebe zu den Tieren. „Ich kann nicht nur im Laden sitzen, ich muss raus aufs Feld. Außerdem will ich wissen, warum ein Wein so schmeckt wie er schmeckt. Das erfahre ich doch nur aus erster Hand, wenn ich wirklich dabei bin.“
Nichts, was Eva anpackt, bleibt nur an der Oberfläche. Sie taucht tief ein in das Leben ihrer Mitmenschen, kennt ihre Sorgen und Bemühungen. Und hilft mit einem schier unerschöpflichen Vorrat an Taten und Ideen. Die neueste und innovativste bisher ist das Projekt „Mallorcan Wine Coin“. Gemeinsam mit Ed Rowland, einem Marketingexperten und Programmierer, hebt sie dieses Jahr eine neue Kryptowährung aus der Taufe, die kleinen familiengeführten Weingütern die Chance geben soll, ihre Spitzenweine einem internationalen und zahlungskräftigen Publikum als Investition schmackhaft zu machen. (siehe Interview)
Eva ist es unbegreiflich, wie man auf der Insel leben kann, ohne Teil der mallorquinischen Gesellschaft zu werden. „Meine besten Freunde sind Einheimische“, sagt sie bestimmt. Sie spricht perfekt Spanisch mit Einsprengseln von Mallorquin. Auf der Straße in Sineu ist sie mit allen Nachbarn gut Freund, man hilft sich gegenseitig aus.
„Den Spitznamen La Rubia haben mir die Leute hier verpasst. Damals war ich noch blond, aber den Namen hab ich für meinen Laden beibehalten.“ Damals, das war 2008, als es sie nach Mallorca verschlagen hat. Eigentlich wollte Eva nur drei Monate bleiben, aber dann hat sie sich in Sineu auf den ersten Blick zu Hause gefühlt. „Gleich beim Einzug kam die alte Nachbarin und umarmte mich, seitdem werde ich zu jedem Familienfest eingeladen.“ Eva gibt mit all ihrem Engagement zurück, was sie an Liebe und Wärme von den Mallorquinern erfahren hat. „Als Alleinerziehende hat man es ja nicht leicht, zumal in einem anderen Land. Aber die Leute hier haben mich aufgefangen. Von Mallorca gehe ich nie wieder weg!“
Weinladen „La Bodega de la Rubia“ in Sineu, Sa Plaça 8
Whatsapp: +34 673 332 383
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Eva Strunz zum Mallorcan Wine Coin
Wollen Sie jetzt eine neue Währung auf Mallorca einführen?
Ganz bestimmt nicht! Wir wollen aber Tradition mit Zukunft verbinden. Der Wine Coin ist eine Kryptowährung wie Bitcoin, allerdings nicht so unsicher, weil bei uns als Wert echte Flaschen Mallorquinische Weine dahinter stehen.
Weine von der Insel als Geldanlage also?
Genau so haben wir das konzipiert. Mit dem Wine Coin können Investoren bei uns Wein erwerben, lagern und auf einer Weinbörse auch handeln. Im ersten Jahr werden wir 120.000 Flaschen ausgeben. Dazu arbeiten wir ausschließlich mit mallorquinischen Familienbetrieben zusammen.
Was haben denn die Winzer davon?
Auf diese Art bekommen kleine Weinhersteller die Chance, ihre besten Weine überhaupt erst produzieren zu können, weil sie durch den Wine Coin vorfinanziert werden.
Wann startet das Projekt?
Ab sofort, die Website steht schon – mallorcanwinecoin.com. Wir haben auch echte Münzen in Gold prägen lassen. Passend mit einem Weinstock als Bild und dem Trinkspruch: „Arriba, abajo, al centro y adentro!“
Alle Fotos: © Marcos Gittis, Grafik Wine coin © mallorcanwinecoin.com
Ersterscheinung des Textes in El Aviso 4/2019
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